15. Preisverleihung Brückenbauer | Stavitel mostů 2025 im Centrum Bavaria Bohemia (CeBB)
Am Mittwoch, den 09. April 2025 wurden neue Brückenbauer zwischen Bayern und Tschechien geehrt.
Bavaria Bohemia e.V., Trägerverein des Centrum Bavaria Bohemia (CeBB) in Schönsee, vergibt jährlich die Auszeichnung Brückenbauer | Stavitel mostů. Der Preis wird für vorbildliches, beispielhaftes und wegweisendes Engagement zur Vertiefung der guten Nachbarschaft in den bayerischen und tschechischen Nachbarregionen verliehen.
Im Jahr 2025 wurde die Bayerisch-Tschechische Parlamentszusammenarbeit in der Kategorie Organisationen ausgezeichnet. Zwei weitere Preise wurden in der Kategorie Persönlichkeit verliehen.
Festredner 2025 war Pavel Fischer, tschechischer Politiker und Diplomat. Seit Oktober 2018 ist er Mitglied des Senats des Parlaments der Tschechischen Republik. Seit seiner Wahl zum Senator fungiert er als Vorsitzender des Ausschusses für auswärtige Angelegenheiten, Verteidigung und Sicherheit. In seiner Rede betonte er die Bedeutung von guter Nachbarschaft und erwähnte, dass er aus einer Familie stamme, die Brückenbauwerke errichtet habe. Stabile und gut gegründete Pfeiler sind bei Brücken sehr wichtig. Er fragte sich, wie lange Europa gebraucht habe, um Russland als Sicherheitsrisiko zu benennen. Er bezeichnete die Hilfe für die Ukraine als ein gemeinsames Interesse der Europäischen Union. Senator Fischer warnte vor einem Zustrom chinesischer Waren, die unter dem Druck der US-Zölle auf den europäischen Markt drängen. Er betonte, dass diese Waren unter völlig anderen Bedingungen als in Europa produziert werden. Ob es um Menschenrechte, Mindestlöhne oder Kinder- und Sklavenarbeit geht. Er bezeichnete den Dialog der demokratischen Kräfte als die tragende Säule der Demokratie in einer unsicheren Zeit des Populismus und des Krieges Russlands gegen die Ukraine.
Landrat Thomas Ebeling sprach in seiner Rede über die Politik, die heute an die Menschen gerichtet werden muss, die noch bereit sind, zu kommunizieren und zuzuhören. Einfache Rezepte für komplexe Lösungen gibt es nicht, auch wenn Populisten dies oft behaupten.
Die diesjährige Verleihung des Brückenbauer-Preises fand in einem Jahr statt, in dem sowohl in Deutschland als auch in der Tschechischen Republik Parlamentswahlen stattfinden, im vierten Jahr des russischen Krieges gegen die Ukraine, und in einer Zeit erheblicher Turbulenzen in den europäisch-amerikanischen Beziehungen.
Umso wichtiger ist die gute Zusammenarbeit zwischen den demokratischen Kräften in Europa. Anlässlich der Sitzung des bayerisch-tschechischer Parlamentskommission im April 2024 sagte der Erste Stellvertretende Landtagpräsident Tobias Reiß (CSU): „Unsere beiden Länder sind mehr als ein Wirtschaftsraum. Bayern und Tschechien sind zu einem eng verflochtenen Lebensraum zusammengewachsen.“
Parlamentarische Kommissionen arbeiten in der Regel auf zwischenstaatlicher Ebene. Die Sonderstellung der gemeinsamen Kommission in der parlamentarischen Arbeit zeigt die Bedeutung der bayerisch tschechischen Nachbarschaft. Die Tschechische Republik hat keine vergleichbare Zusammenarbeit mit einem anderen Landtag, und auch innerhalb des Bayerischen Landtags ist die Qualität der Beziehungen zur Tschechischen Republik außergewöhnlich. Die Parlamentarische Kommission ist Teil einer sehr intensiven Beziehung, die sich auch in dem häufigen Austausch zwischen den Ministerpräsidenten der beiden Länder widerspiegelt.
In der Diskussion nach der Preisverleihung betonten alle, wie wichtig junge Menschen für die grenzüberschreitende Zusammenarbeit sind. Die Grenze wird offen bleiben. Die Politik sollte den gemeinsamen Lebensraum widerspiegeln, der im Grenzgebiet entstanden ist und sich immer weiter vertieft. Das Thema Grünes Band ist ein geeignetes verbindendes Element, das sowohl den Naturschutz als auch historische Themen einbezieht.
In der Kategorie Persönlichkeit wurden Radka Bonacková und Václav Bernard ausgezeichnet
Radka Bonacková ist Geschäftsführerin der Bayerisch-Tschechischen Hochschulagentur am Bayerischen Hochschulzentrum für Mittel-, Ost und Südosteuropa. Die Bayerisch-Tschechische Hochschulagentur ermöglicht ein breites Spektrum an akademischer Zusammenarbeit im Bereich der Forschung und Lehre und bietet ein Netzwerk von Kontakten, die zur Verknüpfung von Forschung und Lehre in beiden Ländern beitragen.
Václav Bernard ist seit 2014 Bürgermeister der Gemeinde Všeruby und seit Februar 2022 stellvertretender Verkehrsminister der Tschechischen Republik. Václav Bernard ist es gelungen, das Ausmaß der Verbindung zwischen Bayern und der Tschechischen Republik während der Coronavirus-Pandemie zu verdeutlichen. In seinen Appellen an die tschechische Regierung fasste Václav Bernard dreißig Jahre Annäherung zwischen der Tschechischen Republik und Bayern sowohl in wirtschaftlicher als auch in emotionaler Hinsicht zusammen.
In ihrer Rede betonten die Geschäftsführer des Deutsch-Tschechischen Zukunftsfonds die Notwendigkeit des interparlamentarischen Dialogs und der praktischen Unterstützung der deutsch-tschechischen Zusammenarbeit. Offizielle Kontakte müssen immer von zivilgesellschaftlichen Aktivitäten begleitet werden. Selbst dort, wo bereits Brücken stehen, muss man genug Vertrauen in sich selbst finden, um sie zu betreten.
Die gesamte Veranstaltung fand in einer festlichen und freundlich-ernsten Atmosphäre statt. Es ist allen Anwesenden klar, dass wir in unsicheren Zeiten leben, die sich radikal verschlechtern können. Die gemeinsame Verantwortung für die gute Nachbarschaft wurde auch in den Gesprächen nach dem offiziellen Progmamm als etwas erwähnt, zu dem praktisch jeder im Raum nach besten Kräften beizutragen versucht.
Die Preisverleihung fand am 9. April im Centrum Bavaria Bohemia in Schönsee statt. Die Videoaufzeichnung der Veranstaltung und Kurzfilme über die Preisträger werden auf bbkult.net veröffentlicht. Die Preisträger wurden mit einem Glaspokal, der von dem Schönseer Glasunternehmen Irlbacher gestaltet wurde, und einer Urkunde geehrt. Die Veranstaltung wurde vom Deutsch-Tschechischen Zukunftsfonds und dem Landkreis Schwandorf sowie OVEG im Rahmen des Projekts Kultur ohne Grenzen gefördert.
Im Folgenden stellen wir die Koordinatorin und die Koordinatoren der parlamentarischen Zusammenarbeit mit Auszügen aus den vorab mit ihnen geführten Interviews vor:
Parlamentsabgeordnete Olga Richterová, Praha (Piraten)
„Den deutsch-tschechischen Beziehungen widme ich mich schon seit langem. Grund dafür ist die Landkarte. Wenn man sieht, wie lang unsere gemeinsame Grenze ist, ist klar, wo unsere politischen Prioritäten liegen sollten.
Ich glaube, dass die Demokratie in unseren beiden Ländern dem Druck der extremistischen und systemfeindlichen Kräfte standhalten kann. Ich habe den Eindruck, dass sich die Demokraten in beiden Ländern, auch dank der parlamentarischen Zusammenarbeit, gegenseitig unterstützen, so gut sie können.
In meiner Kindheit und Jugend bin ich mit meinen Eltern durch einen Teil des Grenzgebiets geradelt. An Orten, an denen einst menschliche Siedlungen waren, herrscht eine ungeheuer starke Atmosphäre, aber die Natur hat sich über Jahrzehnte hinweg durchgesetzt.
Ich bin von kleinerer Statur. Im Parlament in München gibt es ein Rednerpult, das für Menschen mit Behinderungen geeignet ist, zum Beispiel für Menschen im Rollstuhl, aber auch für Menschen wie mich. Das Rednerpult kann nach oben und unten verstellt werden. Heutzutage ist so etwas technisch relativ einfach zu lösen. Man muss es nur wollen. Als ich im tschechischen Parlament ein Podium wollte, damit man mich am Rednerpult sehen kann, wurde nichts unternommen. Bis die Medien anfingen, darüber zu schreiben. Die Münchner Erfahrung ist eine Inspiration und eine Lektion in Sachen Sensibilität für die Vielfalt der Menschen.“
MdL Dr. Gerhard Hopp, Cham (CSU)
„Ich habe immer ganz bewusst aus meiner eigenen Erfahrung gesagt: Ich bin Abgeordneter aus der Grenzregion und für die Grenzregionen. Unsere Heimat zeichnet sich durch ihren wirtschaftlichen Erfolg, ihre Dynamik dank offener Grenzen und die verbindende Qualität des Grünen Bandes, durch Kultur und viele Begegnungen zwischen den Menschen aus. Wir sollten daher am Besten gar nicht mehr von einer Grenzregion, sondern von einem gemeinsamen Entwicklungsraum sprechen.
Drei Dinge sind attraktiv, wenn man sich irgendwo niederlassen will: Lebensqualität, Infrastruktur, Natur zur Erholung. All das haben wir hier, dazu eine sehr niedrige Arbeitslosigkeit auf beiden Seiten der Grenze. Wir brauchen uns gegenseitig. Allein im Landkreis Cham haben wir 6.000 Pendler, die zur guten Entwicklung unserer Heimat beitragen und nicht mehr wegzudenken sind.
Wir haben in der Zusammenarbeit der Parlamente einen Vertrauensraum geschaffen, in dem wir an komplexen Themen wie Desinformation, Sicherheit oder Infrastruktur arbeiten können. Wir treffen uns nicht nur in den Hauptstädten und uns verbindet das gemeinsame Interesse am Erhalt und an der Stärkung der Demokratie.
Das Grüne Band ist eines der besten Projekte, die wir haben. Hier können wir die Vergangenheit verstehen und einen Raum definieren, in dem wir die Zukunft gemeinsam gestalten können.
Ich würde mir wünschen, dass unsere Annäherung eine Qualität und Vertrauensbasis erreicht, die nur noch sehr geringfügig von unerwarteten Ereignissen oder auch Wahlergebnissen beeinflusst wird.“
MdL Jürgen Mistol, Regensburg (Grüne)
„Gleich nach 1990 fuhr ich zum ersten Mal in die Tschechische Republik, und von Anfang an fühlte ich mich dort menschlich sehr wohl. Das Fehlen der Sprachkompetenz habe ich nie als Einschränkung empfunden. Wenn man miteinander reden will, kann man sich immer verständigen. Eines der Ziele der Parlamentsfreundschaft und der Arbeit von uns Koordinatoren ist, die Kommunikation unserer Parlamente miteinander zu intensivieren. Ich freue mich, dass die Kontakte zwischen den parlamentarischen Ausschüssen dank unserer Bemühungen immer häufiger werden. Dafür ist die Institutionalisierung der parlamentarischen Zusammenarbeit wichtig.
Unsere Kommunikation hat eine Qualität erreicht, in der wir uns gegenseitig alle Fragen stellen und alles diskutieren können.
Als Koordinatoren spüren wir den Vorteil, der sich daraus ergibt, dass wir in unseren Gesellschaften nach 1945 ganz unterschiedliche Erfahrungen gemacht haben. Die Tschechen haben Erfahrungen mit russischer Einflussnahme, von denen wir viel lernen können.
Wir gehören verschiedenen politischen Parteien an, aber uns eint das Interesse an der Erhaltung der Demokratie. Antidemokratische Bestrebungen wollen die Menschen spalten, wir als Demokraten wollen sie vereinen.
Ich finde das Projekt Grünes Band großartig. Was uns früher trennte, eint uns jetzt. In einem Raum, der ideal für das Thema Nachhaltigkeit ist.“
MP Jan Bartošek, Südböhmen (KDU-ČSL – Christdemokratische Union-Volkspartei)
„Die gemeinsame Arbeit des Bayerischen Landtags und des Tschechischen Parlaments habe ich mit der Landtagspräsidentin Barbara Stamm begonnen, an die ich sehr gute Erinnerungen habe. Es ist uns gelungen, 2017 ein Memorandum über die gegenseitige Zusammenarbeit zu unterzeichnen. Die Bereiche, die sich im bayerisch-tschechischen Dialog entwickeln, liegen meiner Meinung nach auf der Ebene der strategischen Zusammenarbeit. Sei es die Zusammenarbeit im Energiesektor oder die Modernisierung der Eisenbahnverbindung Prag-München, die Bekämpfung der illegalen Migration, das Interesse an neuen Technologien, Wissenschaft und Forschung. Ich halte das gegenseitige Wissen für den Schlüssel zur Zusammenarbeit. Die Einrichtung von bilingualen Schulen in Bayern mit tschechischem Sprachunterricht wird sicherlich dazu beitragen. Ich denke, dass die Einrichtung dieser Schulen eine große Errungenschaft ist. Die Region um Domažlice kenne ich gut, auch viele der dort lebenden Menschen.
Ich denke, dass die Arbeit rund um das Grüne Band eine große Chance auf Erfolg hat. Vieles im ehemaligen Grenzgebiet ist unberührt geblieben. Es gibt dort seltene Flora und Fauna. Auch das kulturelle Erbe rund um das Grüne Band ist wichtig. Es ist sicherlich einer der Bereiche, die zur Stärkung der gegenseitigen Zusammenarbeit beitragen können.
Meiner Meinung nach ist die Zusammenarbeit zwischen demokratischen Parteien, nicht nur auf beiden Seiten der Grenze, absolut entscheidend. Wir erleben einen enormen Anstieg von Populismus und Extremismus.
Russland will den Zerfall der Europäischen Union und des Zusammenhalts. Deshalb müssen die demokratischen Parteien mehr zusammenarbeiten, als sie es gewohnt sind. Das ist entscheidend für den Erhalt von Frieden und Wohlstand in Europa.“